We live and breathe
words
Das
geschriebene Wort kann kaum vorstellbare Emotionen auslösen. Eine fiktive
Geschichte fühlt sich real an, sie ist mehr als farblose Buchstaben auf einem
Blatt Papier. Sie erschafft eine ganz neue, eigene Welt, in der wir uns
verlieren können. Wir leben in ihr, verlassen unseren Alltag und tauchen ein in
eine Welt, die voller neuer Möglichkeiten steckt und in der wir uns ganz
unseren Träumen hingeben können. Die Charaktere werden zu unseren besten
Freunden, denn sie erscheinen lebendig und tastbar. Ihre Gedankengänge sind für
einen verständlich und ihre Handlungen nachvollziehbar. Wir verstehen sie, sie
verstehen uns. Es wird mit ihnen gefiebert, mit gelitten und gehofft. Auf diese
Weise verlassen wir die Außenperspektive und sind auf eine emotionale Weise mit
der Geschichte verbunden. Deswegen schaffen es, kleine, zunächst unscheinbare
Zitate großes bei dem Leser hervorrufen. Oft rufen sie auch unabhängig von der
eigentlichen Geschichte Erinnerungen auf.
Bei mir
sorgte ein Zitat aus Clockwork Prince von Cassandra Clare dafür, komplett die
Fassung zu verlieren:
„Wir leben nur für
das geschriebene Wort. Denn es waren Bücher, die mich davon abgehalten haben,
mir das Leben zu nehmen, als ich dachte, ich würde niemals jemanden lieben
können, niemals geliebt werden. Es waren Bücher, die mir das Gefühl schenkten,
dass ich vielleicht doch nicht allein auf der Welt bin. Bücher konnten mir die
Wahrheit sagen und ich ihnen.“
Das Zitat
schaffte es, mich auf mehreren Ebenen zu erreichen. Zum einem wegen der
greifbaren und traurigen Situation im Roman, zum anderen, weil es mich selbst
wiederspiegelte. Nicht, dass ich mich in der gleichen Lage wie der Protagonist
befinde, doch auch für mich haben Bücher einen großen Stellenwert in meinem
Leben. Schon als kleines Kind konnte ich mich sehr für das geschriebene Wort
begeistern. Es bildete einen Rückzugsort für mich und half mir einen kurzen
Augenblick die Welt um mich herum zu vergessen. Besonders mit fortstreiten der
Pubertät kam mir diese Tatsache immer mehr entgegen. Ich glaube, dass viele in
dieser Zeit das Gefühl haben allein zu sein, sich wertlos und missverstanden
fühlen. Ich spielte da keine Ausnahme. Meine Hilfe waren damals Bücher, weil
ich mich in ihnen verstanden fühlte. Ich flüchte mich in die Fantasie, denn
dort war alles möglich und es gab tausende von Möglichkeiten. Nicht länger
hatte ich die Annahme zu versagen, wie es mir eine lange Zeit vorkam. Es schien
mir unmöglich von anderen Menschen geliebt zu werden und erfasste dies als
meine Schuld unglücklicherweise immer das falsche zu machen und zu sagen.
Im
Nachhinein scheinen diese Gedankengänge einem albern vor zukommen, weil nun die
Möglichkeit besteht mit einer anderen Perspektive auf die Sache zu blicken.
Doch damals war es für mich Realität und dieses oben erwähnte Zitat ließ mich
wieder 13/ 14 Jahre alt sein und führte dazu, dass ich die ganze Gefühlswelt
nochmal durchlebte. Denn auch ich fühlte mich damals allein.
Aus diesem Grund
sind die Worte des Protagonisten so greifbar für mich. Dennoch war es nur meine
subjektive Wahrnehmung. Eine andere Person würde das Zitat auf eine
unterschiedliche Weise wahrnehmen, denn jeder hat seine eigene `Geschichte` und
nimmt daher Dinge unterschiedlich auf, interpretiert sie verschieden und
verknüpft andere Dinge mit ihnen. Bücher erzeugen individuelle Emotionen bei
dem Leser und das ist das wunderbare an der Literatur.