Sonntag, 17. April 2016

We live and breathe words

Das geschriebene Wort kann kaum vorstellbare Emotionen auslösen. Eine fiktive Geschichte fühlt sich real an, sie ist mehr als farblose Buchstaben auf einem Blatt Papier. Sie erschafft eine ganz neue, eigene Welt, in der wir uns verlieren können. Wir leben in ihr, verlassen unseren Alltag und tauchen ein in eine Welt, die voller neuer Möglichkeiten steckt und in der wir uns ganz unseren Träumen hingeben können. Die Charaktere werden zu unseren besten Freunden, denn sie erscheinen lebendig und tastbar. Ihre Gedankengänge sind für einen verständlich und ihre Handlungen nachvollziehbar. Wir verstehen sie, sie verstehen uns. Es wird mit ihnen gefiebert, mit gelitten und gehofft. Auf diese Weise verlassen wir die Außenperspektive und sind auf eine emotionale Weise mit der Geschichte verbunden. Deswegen schaffen es, kleine, zunächst unscheinbare Zitate großes bei dem Leser hervorrufen. Oft rufen sie auch unabhängig von der eigentlichen Geschichte Erinnerungen auf.

Bei mir sorgte ein Zitat aus Clockwork Prince von Cassandra Clare dafür, komplett die Fassung zu verlieren: 

„Wir leben nur für das geschriebene Wort. Denn es waren Bücher, die mich davon abgehalten haben, mir das Leben zu nehmen, als ich dachte, ich würde niemals jemanden lieben können, niemals geliebt werden. Es waren Bücher, die mir das Gefühl schenkten, dass ich vielleicht doch nicht allein auf der Welt bin. Bücher konnten mir die Wahrheit sagen und ich ihnen.“


Das Zitat schaffte es, mich auf mehreren Ebenen zu erreichen. Zum einem wegen der greifbaren und traurigen Situation im Roman, zum anderen, weil es mich selbst wiederspiegelte. Nicht, dass ich mich in der gleichen Lage wie der Protagonist befinde, doch auch für mich haben Bücher einen großen Stellenwert in meinem Leben. Schon als kleines Kind konnte ich mich sehr für das geschriebene Wort begeistern. Es bildete einen Rückzugsort für mich und half mir einen kurzen Augenblick die Welt um mich herum zu vergessen. Besonders mit fortstreiten der Pubertät kam mir diese Tatsache immer mehr entgegen. Ich glaube, dass viele in dieser Zeit das Gefühl haben allein zu sein, sich wertlos und missverstanden fühlen. Ich spielte da keine Ausnahme. Meine Hilfe waren damals Bücher, weil ich mich in ihnen verstanden fühlte. Ich flüchte mich in die Fantasie, denn dort war alles möglich und es gab tausende von Möglichkeiten. Nicht länger hatte ich die Annahme zu versagen, wie es mir eine lange Zeit vorkam. Es schien mir unmöglich von anderen Menschen geliebt zu werden und erfasste dies als meine Schuld unglücklicherweise immer das falsche zu machen und zu sagen. 

Im Nachhinein scheinen diese Gedankengänge einem albern vor zukommen, weil nun die Möglichkeit besteht mit einer anderen Perspektive auf die Sache zu blicken. Doch damals war es für mich Realität und dieses oben erwähnte Zitat ließ mich wieder 13/ 14 Jahre alt sein und führte dazu, dass ich die ganze Gefühlswelt nochmal durchlebte. Denn auch ich fühlte mich damals allein. 

Aus diesem Grund sind die Worte des Protagonisten so greifbar für mich. Dennoch war es nur meine subjektive Wahrnehmung. Eine andere Person würde das Zitat auf eine unterschiedliche Weise wahrnehmen, denn jeder hat seine eigene `Geschichte` und nimmt daher Dinge unterschiedlich auf, interpretiert sie verschieden und verknüpft andere Dinge mit ihnen. Bücher erzeugen individuelle Emotionen bei dem Leser und das ist das wunderbare an der Literatur.